Abschied nehmen

Endlich sind alle Arbeiten erledigt, die Lebensmittelvorräte sind aufgefüllt und unserer Abfahrt in die Britisch Virgins Islands steht nichts mehr im Wege. Wir wissen  noch vom letzten Jahr, dass in den BVIs alles etwas teurer ist. Hans und Irmgard sind mittlerweile auch wieder aus den BVIs zurückgekehrt und wir verbringen noch ein paar Tage außerhalb der Simpson Bay Lagoon auf der französischen Seite von St. Martin, in Marigot. Dann heißt es Abschied nehmen, von Gerdi und Ulli, die ab 12.3. mit ihren Gästen über Saba und Nevis nach Guadeloupe segeln wollen und von Hans und Irmgard, die am 20.3. in Martinique ihre Tochter Stefanie in Empfang nehmen wollen. Wie früher am Bodensee findet am Abend ein zünftiges Grillfest auf der Knaatsche statt. Wir ahnen nicht, dass es unser wirklich letzter Abend mit Ulli sein wird. Am Sonntag 11. März segelt die Knaatsche mittags nach St. Barthelmy und wir gehen mit schwachem Ostwind um 17.00Uhr los in Richtung BVIs. Nach ein paar Stunden müssen wir dann zwar motoren, aber da wir unseren neuen Motor sowieso testen wollen, macht uns das nichts aus. Hauptsache weg von St. Maarten und Urlaub machen in den BVI’s. Die Nautica wartet schon im Gorda Sound beim Bitter End Yacht Club auf uns und auch die SY Dude will sich vor ihrer Abreise in die Bahamas und den Nordatlantik noch von uns in Marina Cay verabschieden. Wir erleben eine herrlich ruhige Woche mit Nichtstun, Schwimmen und Schnorcheln.

Am Sonntagmorgen 18.3. erreicht uns das schreckliche Mail von Gerdi (SY Carpe Diem), in dem sie uns mitteilt, dass Ulli am Samstagabend in St. Christopher (St. Kitts) an einem Herzinfarkt gestorben ist. Alle drei Zugangsarterien waren zu und die Lunge hatte Wasser gezogen, er hatte keine Chance. Wir sind ziemlich fassungslos und unendlich traurig. Ulli stand uns so nahe, wie kaum jemand außerhalb unserer Familie. Ulli und Gerdi sind seit über 20 Jahren unsere Freunde, wirkliche Freunde, die alles für uns getan hätten. Das gibt es nicht so oft. Wir telefonieren mit Gerdi, fragen, wie wir helfen können und was wir tun sollen. So motoren wir bereits 2 Stunden später wieder zurück nach St. Maarten, da wir uns von dort aus besser um das Schiff kümmern können. Helmut fliegt dann am Donnerstag 22.3. nach St. Christopher und segelt zusammen mit Gerdi, Tino und Linn das Schiff am Freitag in die Simpson Bay Lagoon. Die Überführung von Ulli nach Deutschland soll in der kommenden Woche also so um den 26. bis 27. März von dem Beerdigungsinstitut in St. Kitts durchgeführt werden.

Die Entscheidung, was mit dem Schiff weiter passieren soll, ist schnell gefasst. Zwischen dem 10. und 20. April fährt ein Seefrachter von Peters & May von Tortola aus nach Mallorca. Mit diesem Frachter soll die Carpe Diem „Huckepack“ über den Atlantik zurück nach Europa gehen, um dann dort verkauft zu werden. Nach Gerdis Rückflug nach Deutschland am 27.03. segeln wir zuerst die Nuku’alofa am Samstag, 31.3. in die BVIs nach Marina Cay. Dort legen wir sie an eine Boje und fliegen am Montag mit dem Inselhopper nach St. Maarten zurück. Hier haben in der Zwischenzeit Lothar (SY Tamara) und Dieter und Karla (SY Nautica) auf die Carpe Diem aufgepasst. Wir verabschieden uns jetzt endgültig von allen, auch von Maren und Uwe (SY Heavy Metal), die im Mai über den Atlantik zurück nach Europa segeln werden. Der Törn mit der Carpe Diem in die BVIs nach Marina Cay verläuft planmäßig und wir finden eine Boje, an der sie bis zum 16.4. liegen kann. Von Peters & May haben wir nämlich eine Mitteilung erhalten, dass sich die Ankunft des Frachters auf den 16.4. verzögern wird. Na ja, das ist nicht weiter schlimm, das Schiff ist ja sicher an der Boje.

In Marina Cay liegt die Carpe Diem sicher an einer Boje
Blick von der Trellys Bay Richtung Marina Cay
Oben: Das "Local Art Center" verkauft Handwerkskunst aus der gesamten Karibik.
Rechts: Die Moco Jumbies (Stelzengänger)
Kinder der Karibik strahlen immer, wenn sie fotografiert werden
Die berühmte Red Box von Pussers. Alle 15 sek. wird ein Bild fotografiert und ins Internet gestellt. Also hinstellen, lächeln und den Lieben zu Hause sagen, wo sie Dich sehen können. (www.pussers.com)

Zusammen mit Marianne und Wolfram (SY Skylla), die wir auf unserer Fahrt nach Merida in Venezuela kennengelernt hatten, marschieren wir, wie immer in der größten Mittagshitze, von der Trellys Bay (Beef Island) bis nach East End und zurück. Am nächsten Tag segeln wir nach  Salt Island und können am Wrack der RMS Rhone schnorcheln und Helmut kann sogar mit Wolfram und Marianne einen Tauchgang auf 20 Meter Tiefe machen. Er ist ganz glücklich, wie gut es geklappt hat und was er alles sehen konnte.
In Norman Island, in „The Bight“, gehen wir mal wieder zur Happy Hour aufs Piratenschiff. Da sehen wir, dass die SY La Piatta mit Lucio und Luisa auch in der Bucht liegen. Die beiden Italiener haben wir jetzt schon so oft auf unserer Reise zufällig getroffen, dass wir spontan ein Abschiedsessen mit den Beiden in Road Town auf der Nuku’alofa vereinbaren. Die SY La Piatta geht nämlich auch mit dem Frachter nach Europa, allerdings erst zwischen dem 10. und 20. Mai, also viel, viel später als die Carpe Diem. Da Luisa zusammen mit der Bordkatze bereits am 19.4. nach Italien fliegt, findet das Abschiedsessen am 18.4. statt.

Die Carpe Diem hängt immer noch an der Boje, denn mittlerweile hat sich die Ankunft des Frachters auf den 01.05. verschoben. Eine ganz schöne Scheiße! Es ist gar nicht so einfach, einen günstigen Bojenplatz zu bekommen. Normalpreis sind 25 US$ und die Marinas kosten von vorneweg 50 US$, das geht dann schon ins Geld. Einfach nur so vor Anker liegen lassen wollen wir sie auch nicht, denn die vielen Charterer, die hier unterwegs sind, sind nicht gerade Künstler im Ankern. Da ist die Gefahr, dass der der Anker von einem anderen Schiff herausgerissen wird, schon ziemlich groß. Am 25.04. muss dann die Carpe Diem die Boje freimachen und wir legen sie unmittelbar hinter die Nuku’alofa vor Anker und hoffen, dass der Verladetermin, der jetzt für den 03.05. angekündigt wurde, auch eingehalten wird. Am Sonntag 29.04. verabschieden sich auch Marianne und Wolfram von uns, denn die Beiden starten am nächsten Morgen zu ihrer Atlantiküberquerung. Einer nach dem anderen geht, es ist schon traurig, weil man nicht weiß, wann und wo man sich einmal wieder sehen wird. Wir werden ganz unruhig, denn auch wir wollen noch weiter bis Puerto Rico und die Zeit wird knapp, weil uns am 18.06. Jochen bereits in Isla Margarita/Venezuela besuchen will. Am 01. Mai fahren wir die Nuku’alofa nach Road Town. Im inneren Hafenbereich, zwischen Moorings Marina und Village Cay Marina, quetschen wir uns noch hinein. Wir liegen gut geschützt vor dem Schwell, aber je nach Windrichtung liegen wir schon ziemlich mitten drin in der Einfahrt. Doch die 2 Tage wird es schon gehen, das Kopfschütteln und Gemeckere der Charterskipper ignorieren wir einfach. Doch wo sollen wir am nächsten Tag mit der Carpe Diem hin, denn die Verladung ist erst am 03.05. und wir wollen sie auch nicht ohne Aufsicht in Marina Cay liegen lassen. Am 02.05. geht es mit dem Taxi zurück zur Trellys Bay, von dort mit dem kostenlosen Ferry Boat zurück nach Marina Cay. Dort haben wir das Dingi der Carpe Diem angebunden, um wieder aufs Schiff zu kommen. Nun fahren wir die gleiche Strecke wie am Vortag noch mal. Da im Hafenbecken kein Platz ist und keine Bojen verfügbar sind, muss die Carpe Diem in die Fort Burt Marina. Sie soll ja am 03.05. verladen werden, allerdings ist der Frachter noch immer nicht in Sicht. Die Vorbereitungen für die Verladung gestalten sich dann noch mal richtig stressig. Das Dingi wird auf dem Vorschiff gut verzurrt und der Außenborder in der Plicht verstaut. Die Baumpersenning muss zusätzlich verschnürt werden, damit sie sich vom Wind nicht losreisen kann. In den Schapps wird alles so verstaut, dass es nicht von einer Seite auf die andere sausen kann. Beim Hochziehen der Persenning für die Rollfock reißt dann auch noch das Halteband und das Fall hängt oben im Masttop. Es gibt keine Alternative, Helmut muss rauf in den Mast, um das Fall wieder herunterzuholen.

Hier wird kein Zentimeter Platz verschenktAm 03.05. um 9.00 Uhr schiebt er sich in die Bucht, der Frachter, endlich, endlich ist er da. Am Mittag nehmen wir Kontakt mit den „Supercargos“, dem Verladeteam, auf. Es heißt, dass die Carpe Diem am 04.05. gegen Abend verladen werden soll. Wir sind schon froh, dass der Frachter überhaupt da ist. Für das Kranen muss dann das Maindropsystem noch runtergelassen, die Dirk weggebunden und das Achterstag gelöst werden, denn die Gurte laufen an einem einzigen Kranhaken zusammen. Die Verladung verzögert sich von Stunde zu Stunde, wir werden immer wieder vertröstet, erst 18.00 Uhr, dann 21.00 Uhr, dann 23.00 Uhr. Schließlich erhalten wir um 23.30 Uhr die Aufforderung zum Kommen. Das Ranfahren an den Frachter war dann ganz easy, kein Wind und dazu noch Vollmond.Die Carpe Diem an exponierter Stelle, ganz draußen Ein anderer großer Frachter lag mit dem Heck zum Dock und hat auch noch die Dünung abgehalten, sodass das Wasser ganz ruhig war. Die "Supercargos" sind dann zu Dritt an Bord gekommen, haben die Gurte angelegt, ein Taucher hat von unten geprüft, dass sie richtig liegen und nichts kaputt gequetscht wird und ab ging die Post nach oben. Dann wurde die Carpe Diem millimetergenau zwischen einen Kat und eine Ketsch noch hineingezirkelt. Jeder cm ist auf so einem Frachter "Money". Um 01.00 Uhr in der Früh war dann alles erledigt. Am 05.05. morgens geht Helmut noch mal auf die Carpe Diem, um das Achterstag und die Dirk wieder ordnungsgemäß zu befestigen. Danach klarieren wir sofort aus den BVIs aus, denn unser Permit ist mit dem heutigen Tag abgelaufen. Wir verabschieden uns noch von Lucio, der noch auf seinen Frachter warten muss, und los geht’s. US Virgin Islands wir kommen!!

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So werden wir Ulli in Erinnerung behalten